Teil 9 Ich werde verfolgt......

 

 

Ich übernachte irgendwo in der Wüste zwischen Gabès und Kebili in meinem kleinen Zelt und werde schon sehr früh am Morgen wach. Wie fast jeden Morgen auf dieser Reise, nutze ich die frühen Stunden, um zu schreiben. Als es langsam hell wird....mache ich ein paar Yogaübungen, koche mir einen Frühstücksbrei und Tee, „Katzenwäsche 😜 und packe meine 7 Sachen zusammen. 
Als ich schon fast fertig gepackt habe, fällt mir plötzlich auf, das der Hinterreifen von meinem Rad platt ist. Ach Du Schreck!

 

Es ist schon lange her, das ich ein Rad repariert habe....einer der unliebsamen Dinge, die ich ausgelagert habe...ich habe 2 Ersatzschläuche mit und Flickzeug natürlich auch.

Jetzt schön ruhig bleiben sag ich mir....und ich bitte um Führung 🙏🏻



Ich schiebe das Rad erstmal die 2 km zurück an die Straße, um den neuen Schlauch nicht auch kaputt zu machen. Ich schätze, das mir entweder die kleinen Dornenbüsche oder der etwas größere Busch, an dem mein Rad lehnte den Reifen zerstochen haben. 

Dann bau ich den Hinterreifen raus, kontrolliere den Mantel auch von innen. Ich kann mich noch erinnern, das mein Vater das immer gemacht hat. Als ich den neuen Schlauch schon drin habe, hält ein LKW und Mohamed steigt aus und versucht mir, wie völlig selbstverständlich zu helfen. Er hat auf seinem LKW sogar eine Luftpumpe, die ist mit meinen französischen Ventilen nur nicht kompatibel und so wechseln wir uns mit der Minipumpe ab. 
Er hat zwar noch nie ein Rad repariert, das merke ich, jedoch einen Blick dafür....und so fummeln wir etwas herum bis wir den Hinterreifen wieder drin haben und die Kette auch an der richtigen Stelle ist. 
Mohamed ist auf dem Weg nach Gabès, dort holt er Schafe ab. Er ist Schäfer und lädt mich ein mit ihm und seiner Herde umher zu ziehen.

 



Danke Mohamed. Doch jetzt geht es erstmal nach Nouill zur der Mama und Schwester von Faiçal und danach mit meiner Gruppe auf Wüstenwanderung.

Ich radele weiter und der Reifen hält, Gott sei Dank. Ich bin noch eine ganze Zeit ein bisschen aufgeregt....doch das klingt irgendwann ab. 



 

 

 

Irgendwann kommt mir ein Rennradfahrer entgegen.

Er stoppt direkt und möchte am liebsten mit mir weiterfahren.

Er kommt aus Gabès und fährt die Runde über Matmata und Douz,

ja.... die Strecke kenne ich auch, sie liegt hinter der Bergkette.

Er heißt Hassen. 

 

Wir plaudern ein bisschen, tauschen Nummern und Fb und weiter geht es.....

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Immer gerade aus......

 

 



Mittags taucht mitten in der Wüste ein kleines Restaurant auf....mit Bäumen drumherum, also genug Schatten.  

Ich trinke Tee und esse etwas. Es gibt Fladenbrot mit Hühnchen und scharfer Soße. Herrlich. Es kommt irgendwann ein 2. Gast der sich draußen nieder lässt und Tee trinkt.



Und dann taucht tatsächlich ein Bus mit einer Handvoll Japanern auf. Sie laufen umher und fotografieren alles und ich will mich innerlich schon von ihnen trennen, da fällt mir diese Bewegung in mir auf und ich versuche offen zu bleiben.

Sie interessieren sich auch für mein Fahrrad und ich komme mit einigen von ihnen ins plaudern und ich erzähle auch vom Shiatsu und von Kishi, meinem japanischen Lehrer und fühle mich mehr verbunden mit ihnen, auch wenn sie Kishi nicht kennen.

Die Japaner fahren sehr bald weiter, ohne länger zu verweilen. 
Ich trinke noch einen weiteren Tee und unterhalte mich mit dem Besitzer und Wirt, soweit es geht mit ein paar Brocken französisch. Er scheint die Bäume selber gepflanzt zu haben und kann ganz gut hier leben.

Mir hat die Pause gut getan, besonders der Schatten. Es ist zwar nicht wahnsinnig heiß, vielleicht 25 Grad, aber ich merke das mein Kopf doch etwas rot wird, trotz Tuch und Sonnencreme.

Und dann radele ich weiter. Irgendwann kommt die Provinzgrenze nach Kebili und die Passkontrolle. Die Herren sind nett, bieten mir zu Essen und zu Trinken an, ich bin unbefangen und erzähle wie herrlich die Wüste ist. Sie bewundern mein Rad und bestaunen mein Solarladegerät fürs Handy. 

Einer verschwindet sehr lange mit meinem Pass und ich werde irgendwann ungeduldig.

Ja, ich darf passieren. Ihr Job wäre es, mich zu beschützen. Ich soll mich melden, wenn was ist. Ich habe zwar keine Nummer von denen, habe aber sowieso kein Interesse an Schutz und fahre weiter.

Irgendwann werde ich müde und suche Schatten und sehe eine kleine Plantage mit Zufahrtsweg. Da schieb ich das Rad rein und merke dann aber das die Plantage umzäunt ist. Ich laufe ein  wenig umher, suche mir einen Platz zum pinkeln und finde ein totes Wildschwein. 

 

 



Puh, das stinkt schon ganz schön. 
Ich setzte mich in Sonne neben mein Rad, um etwas zu trinken, da kommt jemand aus Richtung Straße auf mich zu und ruft von weitem....

Als er näher kommt, erkenne ich einen von den Polizisten von vorhin. Jetzt verstehe ich erst, warum er meinte ich soll mich melden....sie folgen mir. 

Ich fahre weiter und bin genervt. Ich will das nicht. Sie halten zwar Abstand, aber das ist das letzte was ich für diese Reise wollte - Polizeischutz.  

Aber es ist jetzt erstmal so. Wie will ich damit sein? Ich versuche den Widerstand loszulassen und denke mir, sollen sie machen was sie meinen zu müssen, ich tue einfach so als seien sie nicht da und bleibe ganz bei mir. 

Ich finde einen Silo mit ein paar Bäumen und lege mich hinter einen kleinen Hügel. So können sie mich von der Straße nicht sehen. Irgendwann kommt einer von ihnen und fragt ganz nett, wie lange  ich bleiben will? Eine Stunde? 
Ich sage ich wüsste es noch nicht 😉😎

 

Und ab da ist es dann auch irgendwie witzig, bzw. ich kann es erstmal mit Humor nehmen und die Männer sind nett. 

 

Ich fahre weiter nach Kebili.

Kebili ist ein etwas größerer Ort und bei mir keimt die Hoffnung, die Polizei hier vielleicht abzuhängen.

Ich habe sie nun länger schon nicht gesehen. Ich biege in eine kleine Seitenstraße ein und halte an einem Kiosk, dort kaufe ich Wasser und schau mich ein bißchen um und lasse mir Zeit. Ein Mofafahrer steht vor der Tür. Als ich losfahre, fährt auch und da schöpfe ich Verdacht....ich überquere eine Kreuzung und halte danach direkt wieder, um ihn überholen zu lassen. Doch er hält auch und sagt mir, er sei von Polizei und zu meinem Schutz da. Ich möchte seinen Ausweis sehen, da er in Zivil ist und er holt ihn bereitwillig raus. 

 

Ich fahre weiter und suche den Abzweig zu Nouill und will ihn auf gar keinen Fall fragen. Ich halte also vor einem kleinen Supermarkt und spreche eine Frau an, sie versteht mich nicht, aber ein jüngeres Mädchen, vielleicht 14 Jahre alt. 

Ihr erzähle ich es auch mit der Polizei und wir lachen zusammen darüber.

 

Und dann sehe ich die 2 Polizeiwagen vor mir und an der Seite stehen. Der Polizeichef steigt aus und heißt mich in Tunesien willkommen. 

Wir kommunizieren im einfachen Englisch.

Das sei alles nur zu meinem Schutz. Ich sage deutlich das ich den Schutz nicht will, auf eigenes Risiko fahre und mit Allah reise. 

Der ältere Kollege mit dem Mofa dreht schon ab, ich sehe das er seinen Ärger schluckt. Aber ich bin in Fahrt und willensstark. 

 

Der Polizeichef kommt unter Druck und will das ich über Douz nach Nouill fahre. Das will ich auf keinen Fall. Es ist 4 Uhr nachmittags, die Sonne geht bald unter und von hier sind es noch 30 km nach Nouill. Über Douz wären es 17 km mehr. Ich erzähle ihm nicht, das ich draußen schlafen will. Ich glaube das sie ein Problem mit den Distrikten haben. 

 

Er will jemanden holen und ich soll auf jeden Fall dort stehen bleiben. Ich bin ungeduldig. Es dauert aber keine 5 bis 10 Minuten und er ist mit einem Kollegen wieder da, der Deutsch spricht. Der fängt erstmal an mir zu erzählen, welche Städte er in Deutschland gesehen hat....

 

und erzählt mir dann nochmal was ich vorher schon verstanden habe. Ich darf passieren, aber nur mit Schutz. Und ich muss durchfahren oder hier in Kebili ein Hotel nehmen. Nach Sonnenuntergang sollen sich keine Touristen mehr auf der Straße aufhalten. Nur in Hotels oder in Familien. 

Ich will fahren und mache Druck, wenn sie mich nicht aufhalten würden, wäre es auch zu schaffen. Das ist dem Polizeichef auch klar.

 

Der Übersetzer bittet mich noch um ein gemeinsames Foto, ich sei schon berühmt in seinem Ort, meint er.  

Und dann geht es weiter und die Polizei klebt mir fast am Hinterreifen. Und in der Mitte zwischen Kebili und Nouill wechselt die Polizei aus den Distrikten sich ab.

 

 

 

 

 

Es wird dunkel, als ich Nouill erreiche. Die Straßencafès sind voll mit jungen Männern. Ich weiß nur unfähr wo die Familie wohnt und rufe Masouda, die Schwester an. Zu der Polizei sage ich, das sie jetzt fahren können, doch sie wollen bleiben bis ich da bin. Ich fahre schon mal in die Richtung und sie will mir entgegen kommen. Ich weiß eine Moschee in der Nähe....und dann kommt sie auch schon um die Ecke....

 

Sie soll in den Polizeiwagen einsteigen, aber wir begrüßen uns herzlich und gehen gemeinsam zu Fuß, der Wagen fährt im Schritttempo hinterher. Und die Beamten kommen mit ins Haus, die Ausweise werden wieder abfotografiert und sie wollen wissen wann ich wieder fahre. Ich sage Masouda sie soll ihnen sagen, das ich nach der Wüstenwanderung mit dem Zug zurück fahre.....

 

diesmal bin ich schlauer.......

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Erika ALLERMANN-Opper (Samstag, 24 Oktober 2020 20:07)

    Irgendwie bin ich berührt, dass es den Menschen nicht egal war, was mit dir ist. Sie fühlten sich dafür verantwortlich, dass dir in ihrem Land nichts passiert.