Ich bin mit Wissem in Mahrès in einem Hotel. Unsere Nacht in einem Zimmer klappt problemlos mit dem Nähe-Distanz Thema. Es sind zwei Betten. Die Betten stehen zwar direkt nebeneinander, jedoch die französische Lakentechnik mit festgesteckten Laken schafft körperliche Distanz, auch wenn wir Nähe haben. 🙃😌
Wir flicken jeder unsere Fahrradschläuche und machen uns dann auf den Weg nach Sfax. Das sind nur noch 40 km. Dort wohnen die drei Cousinen und ein Cousin von Wissem samt Mutter und Ehemann und Sohn einer Cousine.
Wir fahren lange durch Vororte von Sfax. Ich überlege, ob ich Fleisch für die Familie mitbringe.
Wissem meint jedoch sie würden sich über Schokolade freuen und so springe ich zwischendurch in ein kleines Geschäft, wo es sogar Milka Schokolade gibt.
Wissem ist damit mittlerweile in Frieden, dass ich allein einkaufe und sagt großzügig: You do.
Er entscheidet die Fahrradtour in Sfax zu beenden. Nach den letzten Auseinandersetzungen mit der Polizei, ist es für ihn zu gefährlich.
Wissem lebt in Tajerouine in der Nähe von El Kef. Das liegt im Westen auf der Höhe von Tunis. Er will das geliehene Fahrrad zurück nach Tunis bringen und nachhause reisen.
Ich will von Sfax mittig durchs durchs Land 300 km nach Tajerouine fahren und ihn zuhause mit seinem Großvater besuchen.
Mein Wille ist stark und ich kann mir die Weiterfahrt mit dem Fahrrad gut alleine vorstellen.
Aber erstmal besuchen wir die Cousinen.....
Die Familie wohnt ziemlich zentral in der Stadt. Wir werden sehr herzlich empfangen und wir sind von null auf hundert warm miteinander. Was für ein fröhlicher Haufen und Wissem mitten drin.
Auch mit den Cousinen ist er sehr direkt und wir scherzen und streiten. "Du bist unfreundlich" bekommt er auch von den Cousinen gesagt.
Es ist seine schroffe Direktheit, kann ich sehen und hören, dass er es immer ehrlich meint.
Und wir werden mit soviel leckerem Essen verwöhnt.
Die jüngste von den Cousinen spielt Theater und hat für dieses ausdrucksstarke Stück einen Preis gewonnen. Hier ist ein kleiner Ausschnitt:
Am nächsten Tag gehe ich mit den drei Cousinen allein in die Stadt. Wissem geht mit dem Cousin ins Café.
Sie zeigen mir die Boutiquen und wir gehen auf den Souk. Die Gassen werden immer enger und die Leute rufen "Corona, Corona", wenn sie mich sehen. Ich bin Europäerin und potentielle Virenträgerin.
Ich versuche Abstand zu halten.
Irgendwann wird ein Mann ausfallend. Ich kann nicht verstehen, was er sagt, die jüngste Cousine wird sauer und sagt ihm ihre Meinung. Sie ist sehr aufgebracht über die Art und Weise und Wortwahl des Mannes und ich bin sehr beeindruckt über ihre Ausdruckskraft.
Wir essen Zlabbi eine sehr süße und leckere Traditonsspeise. Die Kette, die ich umhabe ist ein Geschenk von Ihnen, Familienschmuck, sowie viele andere Geschenke noch.
Wir gehen noch in einen Supermarkt und müssen uns ranhalten, da wegen Corona schon bald Ladenschluss ist.
Am Ladeneingang müssen die Hände desinfiziert werden.
Und zuhause zeigen sie mir, wie sie den Fisch zubereiten und ich helfe ein bißchen mit.
Ich telefoniere mit meiner ältesten Tochter. Sie macht sich Sorgen, wegen der Situation mit Corona und das ich noch in Tunesien bin.
Wir schauen Nachrichten. Der Flug - und Fährverkehr ist eingestellt und auch Busse und Bahn fahren in Tunesien nicht mehr.
Es sollen noch Flüge nach Deutschland diese Woche geben.
Alle raten mir nachhause zu fahren, wenn es noch eine Möglichkeit gibt. Es soll schon bald totale Ausgangssperre kommen.
Ich soll besser zu einem anderen Zeitpunkt wiederkommen. Wissem empfindet die Situation tragisch, auch er macht sich Sorgen.
Für mich ist beides in Ordnung, hier zu bleiben und abzuwarten und zurück zu kehren.
Ich werde erstmal versuchen zurück nach Deutschland zukommen. Omar, der Mann einer Cousine besorgt einen Leihwagen für den nächsten Morgen und will Wissem und mich nach Tunis bringen....
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