Teil 13 Freiheit auf dem Rad....


Es ist Montag früh. Meine Gruppe ist auf dem Heimweg. Ich bin auf Djerba.
Ich habe entschieden mit dem Rad die 110 km nach Gabès zu fahren, auch wenn es länger dauert. Faiçal  hatte mir angeboten mich nachmittags mit der nächsten Gruppe ein ganzes Stück mit dem Auto in die Richtung mitzunehmen. Ich brauche jedoch Bewegung und Freiheit. 
Um 7 Uhr bin ich fertig mit Packen und radele los.

 

 

 

 

Ich gebe ins Navi 'Fußwege' ein, um aus Houmt Souk auf kleinen Straßen raus zu kommen und lande tatsächlich auf einer kleinen Straße die mich mittig über Djerba Richtung Fähre führt und stelle das Handy aus.  

 

Ich bin glücklich auf dem Rad. Es ist wenig Verkehr, Schulkinder kommen mir zu Fuß oder auf Rädern entgegen, ab und zu ein Auto, Trecker oder Menschen zu Fuß. Alle grüßen oder winken. Der Weg führt gefühlt immer bergab....

Um 9 bin ich schon auf der Fähre. 

 

 

 

Auf der Fähre unterhalte ich mich mit einem Mann, der mit dem Auto nach Tunis fahren will. Er hat dort Plantagen und will nach dem rechten sehen. Er würde mich gerne mitnehmen. Sein Auto ist groß genug und er hätte gerne auf der 6 stündigen Fahrt Unterhaltung. Ein nettes Angebot, doch "Ich will Radfahren".

 

Ich fühle mich offen und frei. Die Wüstenzeit und die Liebe mit den Frauen klingt noch in mir nach. Und mit dem Radfahren kommen und gehen die Bilder der vergangenen Tage. Der Himmel ist blau und weit, das Wetter mild und warm.

Ich fahre übers Land und Menschen grüßen oder hupen, ich grüße zurück und bei längerem Blickkontakt grüße ich auch als erste.

 

 

 

 

 

 

Bis nach Mareth sind es 75 km. Ich fahre zügig und leicht... und weiß noch nicht wie weit ich fahren werden, vielleicht schaffe ich die Strecke ganz. Es scheint mir ein wenig weit. 

Nach 50 km drehe ich mehr nach Westen und habe Gegenwind. Uff. Ich komme gefühlt, kaum noch von der Stelle.  Und mache irgendwann ein Päusschen im Schatten eines Olivenbaumes.

 

Kurz vor Mareth schalte ich das Navi an. Ich weiß, dass an der Hauptstraße, am Kreisel die Polizei steht und Passierende kontrolliert. 

 

Ich versuche mit einer Abkürzung , diese Stelle zu umgehen. 

 

Die Straße, in die ich abbiege ist sandig. Mir kommen zwei Männer entgegen. Ich fühle mich unwohl, warum auch immer.

Ich grüße, die Männer murmeln und schauen mich nicht direkt an. Mir ist mulmig.

 

Die Straße spaltet sich und mir ist unklar welcher Weg, beide Wege führen steil den Berg hoch.  Ich hole das Handy nicht raus. 

Ich habe es in der Tasche und höre mit einem Kopfhörer die Ansagen. Ich entscheide mich zügig für den etwas größeren Weg. Ich muss absteigen und aufwärts schieben. Ich meine die Aufmerksamkeit der Männer im Rücken zu spüren. 

Mein Herz klopf etwas schneller. 

Ich schau mich nicht um. Ich schiebe zügig mein Rad den Berg hoch und kann irgendwann wieder fahren. Und erreiche dann auch bald die Hauptstraße wieder. 

Die Polizeikontrolle habe ich tatsächlich umfahren. Ich bin dankbar und die Freude stellt sich wieder ein. In der Stadt gibt es viel Aufmerksamkeit und ich komme aus dem Grüßen kaum noch raus. Ich fühle mich wie die Queen in Tunesien. 

 

Die Cafés sind voll mit Männern....bis jetzt habe ich mich noch nicht alleine rein getraut.

 

Also...wenn nicht jetzt...wann dann. Bald bin ich in tunesischer Begleitung , dann wird alles anders, also gebe ich mir einen Schups. 

 

Ich schiebe mein Rad erstmal auf den Bürgersteig. Da entdecke ich ein kleines Bistro,  wo zwei Frauen mit einem Kind sitzen. Sie sind sehr freundlich und laden mich ein, bei Ihnen zu sitzen. In dem Imbiss gibt es allerdings nur fritierte Speisen und süße Getränke. Sie verweisen mich auf ein Café. Ja, danke....das wollte ich ja eigentlich auch. 

Ich schiebe ein Stück zurück und finde eins, wo noch niemand draußen sitzt. Das Café macht gerade erst auf und ich kann mein Rad in eine Ecke stellen. Das ist doch ein guter Einstieg. Irgendwann setzten sich zwei junge Männer an den Nebentisch und auch innen füllt sich das Café . Es ist alles ganz normal. Als ich bezahlen möchte, winkt mir ein älterer Herr von drinnen zu. 

Er hat für mich bezahlt. Shukran, wie nett.  

 

Die Straße Richtung Gabès ist stark befahren. Sie fahren hier schnell und überholen auch viel. Der Seitenstreifen ist huckelig, doch ich muss oft ausweichen. Ich höre oft schon an den Fahrgeräuschen, wenn ein großer LKW kommt. Viele kündigen sich auch mit Hupen an. 

 

Der Gegenwind hält sich. Mir tun die Knie und Schultern weh und ich überlege wo ich bleiben könnte. Es gehen immer wieder kleine Straßen ab, sie sind jedoch meist bewohnt. Auf der rechten Seite kann ich in der Ferne das Meer sehen.

 

Und dann versuche ich es irgendwann....und finde nur unbewohnte Häuser am Straßenrand und Plantagen. Mir kommt ein Pick-Up entgegen. Die Ladefläche ist voll mit Männern und Frauen die vom Feld kommen. Alle winken und rufen fröhlich und ich habe ein gutes Gefühl im Bauch. 

 

Die Felder sind leer. Ich sehe eine riesige Schafsherde und mehrere Schäfer. Ich nehme allerdings keinen Blickkontakt auf und fahre weiter in eine Sackgasse. Die Wege werden immer schmaler, der Himmel ist ganz schön wolkig. Und ich bin vertrauensvoll 💗

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich schiebe bis zum Ende und suche mir eine ebene Fläche und schlage das Zelt auf. Viele Mücken gibt es hier. Ich bin sehr müde. 

Ich freue mich über Müslireste mit Datteln  von einer meiner Frauen und schlafe früh ein. 

 

Nachts werde ich vom Regen wach, der durch mein Zelt tropft. Ich habe das Außenzelt nicht drauf, da ich am Abend den Nachthimmel genossen habe. 

 

Ich krabble raus und brauche bestimmt eine halbe Stunde. Es ist garnicht so einfach mit dem Wind. Die Plane weht und löst sich immer wieder. Die Heringe halten nicht gut in dem sandigen Boden. Ich stecke die Heringe durch die kleinen Pflanzen und das hält dann irgendwann. Gott sei Dank. Ich krabble zurück in meinen Schlafsack. Der Wind zehrt ordentlich am Zelt und der Regen prasselt. 

 

Sollte ich die Fahrradtaschen noch reinholen? Der Schweinehund liegt neben mir und ich hoffe das sie dem Regen standhalten. Die meisten Klamotten habe ich eh im Zelt. 

Ich kann nicht einschlafen und schreibe noch ein oder zwei Stunden an meinem Blog und werde dann irgendwann müde....

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Reinhard vde (Donnerstag, 02 April 2020 07:26)

    Diese Offenheit , Ausweichen vor Kontrolle der Polizei, Suche nach der Spur zum Fahren, kraft finden in mulmigen Lagen,welche Gefühle dich begleiten zu DIR .